Manifest
Der Prozess, der mit dem Labor für Raumstrategien begonnen wurde, findet eine Fortsetzung. Unser Ziel ist andere Universität. In dieser Universität speist sich die Motivation aus eigenen Fragen, die in der sinnhaften Auseinandersetzung im Spannungsfeld zwischen Alltag, persönlicher Geschichte, Wissenschaft und ästhetischer Erfahrung in jedem selbst entstehen. In dieser Universität tragen Offenheit und Neugierde durch den Erkenntnisprozess, an dessen Ende mehr steht, als das zuvor bereits Erwartete. In dieser Universität arbeiten wir gemeinsam und vertrauen in unsere Neugierde verschiedener Zugänge zur Welt. In dieser Universität sind Studierende Entdecker. Lehrende vermitteln kein positives Wissen, sondern helfen, die richtigen Fragen stellen und alternative Zugänge Problemen zu finden. In dieser Universität gehören das bekannter Routinen und verschlungene Wege der Erkenntnis zum Lehrplan. In dieser Universität sind Forschung und Praxis nicht getrennt. In dieser Universität darf ästhetische Forschung lügen – für eine andere Wahrheit. In dieser Universität schafft die Auseinandersetzung mit einem Thema auch ihre geeigneten Formate und Räume der Auseinandersetzung. Die Betrachtung von Themen aus verschiedenen Perspektiven bedarf der ästhetischen und räumlichen Möglichkeiten dies auch praktisch zu tun. Diese Universität traut sich die Grenzen zu überschreiten, die sie sich selbst steckt.
Dazu brauchen wird FreiRäume. Zeit außerhalb des Lehrplans. Raum, den wir gestalten und mit dem wir umgehen können.
Kontext
Das Manifest ist aus dem Labor für Raumstrategien hervorgegangen, das sich ein Jahr lang mit den räumlichen und sozialen Bedingungen des Lernens und Arbeitens an der Universität in Frankfurt auseinandergesetzt hat. Schnell stellten wir fest, dass auf dem Campus Westend jegliche Freiräume fehlen. Bestehende Raumangebote sind starr und geben den Zweck ihrer Nutzung klar vor. Ähnlich verhält es sich mit den Studien- und Lernformen an der bologna-reformierten Universität: Das Abarbeiten klar vorgegebener Curricula fördert Unselbstständigkeit und Unlust in gleichem Maße und verhindert eigenständiges, kreatives Denken eher als sie es fördert.
Mit der Raumkapsel haben die Studierenden im Wintersemester 2013/2014 eine mobiles Vehikel geschaffen, mit dem Raum für verschiedenen Zwecke gemeinsamen Arbeitens, Austauschens, Studierens und Erholens flexibel und auf immer neue Weise angeeignet werden kann. Auf diese Weise haben Sie in eindrücklicher Weise, eine Bearbeitung des von Ihnen diagnostizierten Problems vorgeschlagen und realisiert. Die Raumkapsel geht damit bei weitem über das hinaus, was wir zu Beginn des Forschungsprozesses für möglich gehalten haben. Eine solche Wendung ist nur in einem offenen Prozess denkbar. Im Sommersemester 2013 haben wir die Raumkapsel für unterschiedliche Formen der Raumaneignung, der Kommunikation, für unterschiedliche Formen des Zusammenkommens, Lernen, Arbeitens und Erholens genutzt. Hier sind völlig andere Prozesse und Möglichkeiten ihrer wissenschaftlichen Reflexion in den Blick gekommen als dies in der rein theoretischen Auseinandersetzung mit dem Thema jemals möglich gewesen wäre.
Die Entstehung der Raumkapsel ist ein Beispiel ästhetischer Forschung in der sich die inhaltliche und formale Auseinandersetzung mit dem Thema des Arbeitens und Studierens an der Universität nicht nur verschränkt haben, sondern durch beides – die ästhetische Form der Auseinandersetzung und die behandelten Themen – transzendiert wurden.
Wir wollen ddie Universität für Prozesse ästhetischer Forschung öffnen.
Nächste Schritte
Im Sommersemester 2015 wollen wir eine andere Universität veranstalten, die das Korsett der Uniräume und des bologna-reformierten Studierens verlässt und nach neuen inhaltlichen, ästhetischen und räumlichen Formen des Forschens und Lernens suchen. Dabei werden wir an die Erkenntnisse und Formensprache der Raumkapsel anknüpfen und sie sukzessive weiterentwickeln.
Dazu wird es ein freies Seminar geben, das Studierenden verschiedener Fachdisziplinen offensteht.