Reflexion des Forschungsprozesses

Der Erfolg unseres Seminars bemisst sich nicht allein an der Abschlusspräsentation, sondern am Prozesscharakter und an der Qualität des Umgangs mit Neuem.

Hier reflektieren wir die Prozesshaftigkeit unseres Forschungsprojekts mit seinen unterschiedlichen Phasen unter besonderer Berücksichtigung von Momenten der Veränderung. Nicht selten tauchte in dem Moment, wo das urspüngliche Ziel aus den Augen verloren schien, eine bessere Idee oder Erkenntnis auf.

Der Umgang mit Neuem und Unbekannten, die Konzeption eines eigenen Projekts sowie die Veränderung bestehender Strukturen wie sie uns im Seminar begegnet sind, sind nicht allein Merkmale ästhetischen Forschens, sondern wird uns im Studium, bei der Arbeit und Alltag immer wieder begenen. Wir hoffen, diese Erfahrung im Seminar wird uns in Zukunft helfen, Prozesse mit offenem Ausgang konstruktiv, reflektierend und sinnvoll zu gestalten.

Hier findet ihr nun die Reflexionen aller Teilnehmer_innen des Seminars:


Ein paar Monate ästhetisches Forschen in der Retroperspektive

Zuerst war da die Leere…

Ich hatte große Vorfreude auf das Seminar, dessen Anspruch Kreativität und Wissenschaft zu vereinen mich sehr ansprach. Es bedeutet frei von allen Zwängen zu forschen, zu erkunden und losgelöst zu denken. Dazu kamen viele kleine Details wie die Forschungsbücher, in denen man sich mit Gekritzel und Skizzen völlig ausbreiten und ausleben konnte. Ganz in diesem Sinne war auch die Wahl des Themas völlig freigestellt und eine intensive Ideensuche begann. Als es dann aber nach einer gewissen Zeit wirklich darum ging Fragen zu stellen und sein Interesse zu präzisieren, kam man sehr schnell an die eigene Substanz: Was interessiert mich überhaupt? Wenn ich alle Zeit der Welt hätte, wofür würde ich mich engagieren, was wäre für mich von Bedeutung? Und wenn man diese Freiheit hat, nutzt man sie auch vollständig oder fällt man aus Gewohnheit, Mutlosigkeit oder Furcht vor diesem Freiraum in alte Verhaltensmuster zurück und bleibt dem bekannten Unibetrieb sehr nahe? Insofern war die Bezeichnung eines Labors sehr angebracht, einem bei dem ungewöhnliche, vielleicht unnormale Gedanken ausgesprochen und gehört wurden.

Nach der Reise ins eigene Innere…

… in die Kindheit, zurück zu Dingen die einen prägten, schon immer interessierten oder erst in Form von Zukunftsträume existieren, ging es erst richtig los. Viele Aspekte ließen einen das eigene Leben und die Position, in der man sich heute befindet, reflektieren. Bei unserem entstandenen Zweiergespann setzten sich am Ende Zukunftsmusik und –träumereien durch: ein Beispiel alternativer Raumnutzung, dafür Gesellschaften anders als nach bekannten Erwartungen zu leben und zu organisieren. Es geht darum sein Umfeld zu prägen und zu verändern und gemeinsam alternative Wege gehen. Jugend und der damit verbundene Idealismus nehmen dabei ein zentrales Motiv ein. Doch sobald das Platzprojekt Hanover gewählt und die Entscheidung über das Erstellen eines Filmes gefällt wurde, kam ein weiterer Laborcharakter hinzu. Unsere erste Idee ließ sich leider nicht genauso umsetzen wie geplant und stellte uns vor Herausforderungen. Das Scheitern, Rearrangieren, Anpassen und wieder Aufnehmen unseres Projektes waren die Folge. Die daraus gezogenen Erkenntnisse sind auch auf das Leben zu übertragen: Passt es an einer Stelle nicht muss man Kompromisse finden und von seinem ursprünglichen Plan abweichen. Dabei heißt es nur nicht den Mut und das Selbstvertrauen zu verlieren, sondern neue, sich ergebende Chancen nutzen. So war unser Film am Ende sicherlich anders, als wir am Anfang erwartet hatten. Aber schreibt das Leben nicht die schönsten Geschichten? Bringt einem Scheitern vielleicht doch genau einen Schritt dahin näher, etwas Passenderes zu finden? Es gibt auf jeden Fall immer mehr als eine Möglichkeit und nicht nur einen richtigen Weg. Der Forschungsprozess lehrte uns in dieser Hinsicht einiges, und wesentlich mehr als auf den ersten Blick sichtbar.

Zuletzt…

So trieb uns weniger die Suche nach Antworten , sondern eher die Suche nach Fragen um. Nach welchen die wirklich Sinn ergeben, die den vorhandenen Freiraum ausnutzen und füllen. Die Gruppe nahm bei diesem Prozess eine zentrale Rolle ein. Dank der sehr schnell geschaffenen positiven und respektvollen Arbeitsatmosphäre konnte jeder in diesem Raum Ideen zum Ausdruck bringen und stoß auf Akzeptanz.

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Reflexion der Projektarbeit „PLATZprojekt Hannover – Die Bedeutung urbaner Räume alternativer Nutzung“

Es war ein klirrender Januarmorgen als ich zum ersten Mal das Platzprojekt über den daneben liegenden 2er betrat. Ich war mit einem Freund dort, der ein paar Runden über die selbstgebauten Rails, Rampen und Stairs drehen wollte. Dick eingepackt waren wir durch Hannover Linden gerollt um zu diesem Ort zu gelangen, der auf den ersten Blick grau und karg vor mir lag. In den nackten Bäumen hingen Lametta, Diskokugeln und Sneaker. Als ich durch einen Bogen vom 2er aus durch eine Laube trat in der neben vor Frost schimmernden Rosenblüten noch die letzten Christbaumkugeln hingen, eröffnete sich mir ein Ort verschiedenster Container, selbstgebauter Hütten und pinken Elefanten. Nach einem Tee in der Bar eines blauen Containers ging ich auf dessen Dachterasse und vor mir erstreckte sich ein Areal, eine Brache, welche selbstorganisierter von jungen Kreativen in autonomer Form genutzt wird. Das PLATZprojekt wurde an diesem Tag nicht nur zu einem meiner Lieblingsorte. Es sollte auch zu meiner Projektarbeit werden.

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Die Faszination von der Art und Weise wie sich junge Leute diesen Ort zu Eigen machen, diesen demokratisch organisieren und die Frage wie es überhaupt zu diesem Projekt kam, motivierte mich einen Film darüber zu machen. Neben kreativen und schönen Momenten brachte er natürlich auch einzelne Endtäuschungen und schlaflose Nächte mit sich.

Die Freiheit, die wir für die Arbeit im Rahmen des Raumlabors hatten war ungewohnt. Es lies einen in der Luft hängen plötzlich keine Richtlinien, Vorgaben oder Regeln für eine Seminararbeit zu haben, doch umso mehr förderte es die Kreativität und die Möglichkeit sich mit einem Thema auseinander zu setzen, das einen persönlich interessierte. Ich hatte Glück das PLATZprojekt als Inspiration kurz vorher kennengelernt zu haben, wenn auch nur flüchtig. Nun hatte ich die Möglichkeit mich eingehender damit zu beschäftigen, was ich wahrscheinlich nicht in diesem Ausmaß ohne diese Projektarbeit getan hätte.

In These fand ich eine kreative und wache Partnerin für das Projekt, die mich viel unterstütze. Das Schneiden und die Arbeit vor Ort übernahm hauptsächlich ich, was durch meine häufigen Besuche in Hannover zu diesem Zeitraum aber kein Problem war. Schnell waren wir uns einig, dass wir das Thema „Freiheit“, das uns Anfangs so viele Probleme bereitete, aufgreifen und die Akteure vor Ort nach dessen Bedeutung für sie, in Bezug auf das PLATZprojekt befragen wollten. Wir machten ein kleines Vorstellungsvideo von uns und unserem Anliegen, welches wir dann in Facebook und an die Info-Adresse der offiziellen Webpage des PLATZprojekts schickten. Nun galt es zu warten.

Nach einer Woche kam nichts.

Nach zwei Wochen kam nichts.

Nach der dritten Woche schrieb ich noch einmal.

In Woche 4 kam endlich eine Rückmeldung. Von einer Akteurin, die selbst Zeit nicht vor Ort war. Ohne Video.

Nach einer Kriesensitzung entschlossen These und ich, dass ich vor Ort vorbei schaue und auf eigene Faust Interviews zu führen versuche. Ich musste ja eh für den Film einige Aufnahmen machen.

Vor Ort hatte ich einen Sonntagmorgen Zeit für meine Aufnahmen und die Möglichkeit ein Interview aufzunehmen. In Linda Meine, die den NÄHplatz, ein eigenes Nähatellier führt, fand ich eine super Interviewpartnerin über die ich viel erfahren konnte. Leider blieb es bei dem einen Interview, da einige der wenigen Anwesenden kamerascheu zu sein schienen. Ich schrieb zwar einen Zettel mit Anliegen, Mailadresse etc. um eventuelle Interviewpartner analog zu erreichen. Doch daraus wurde auch nicht viel…

Ohne Titel

Im Endeffekt ist es Marius, dem Freund aus Hannover über den ich auch den Ort kennengelernt habe, zu verdanken, dass wir nicht nur mein Interview mit Linda, sondern auch noch die 4 anderen Stimmen in dem Video haben. Ohne ihn hätte ich diesen Ort wahrscheinlich gar nicht erst kennengelernt. Er weiß von meiner Liebe und Faszination zu solchen Orten.

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Doch bis wir seine Videodateien endlich bekommen sollten, hatten sich These und ich darauf eingestellt unseren Film anderweitig umzuschreiben. Wenigstens hatten wir noch das Interviewmaterial des Telefonats mit Stephanie Haury, einer Freiraumforscherin des BBSM in Bonn. Sie betreut die experimentellen Forschungsprojekte des Bundes, zu denen eben auch das PLATZprojekt gehört.

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Zwei Nächte vor Abgabetermin arbeitete ich durch, schlief nur 2 Stunden pro Nacht und plötzlich bekam ich tatsächlich von Marius das Videomaterial kurzfristig in der Nacht vor Abgabetermin. Er hatte sich Sonntags mit einem Freund und einem Handy ein paar Leute vom PLATZprojekt gegriffen und sie einfach interviewt.

Mit These’s Unterstützung konnte ich das Schneiden des Videos endlich beenden und gemeinsam fanden wir, dass es zwar anders als erwartet war, doch durch die Umstände denen wir ausgesetzt waren, hatten wir tatsächlich etwas Sinnvolles und Interessantes daraus gemacht. Es war dieses Seminar und diese Arbeit, die uns alle, wenn ich das behaupten darf, den Begriff ‚Freiheit‘ ganz neu kennenzulernen vermochte. Konfrontiert mit diesem ungewohnten Element in einem strickt durchstruckturierten und getimeten Alltag der Universität, war es die Freiheit, die uns in Fesseln legte, plötzlich zu Stolpersteinen wurde und uns zwang, unsere Arbeiten aus anderen Perspektiven wahrzunehmen. Perspektiven, die wir uns endlich selbst suchen konnten.

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„Omnipräsenz und Unnahbarkeit – Die EZB und das Ostend“ – Eine Reflexion

Die Freiheit haben, alles machen zu können, ist überfordernd, denn die Möglichkeiten sind schier grenzenlos.

So würde ich meine Erlebnisse und Zeit während des Seminars beschreiben. Nicht nur mir, auch meinen Kommiliton_innen erging es größtenteils so, denn die Vorgaben, verbindlichen Rahmen und Regeln, die unser bologna-reformiertes Studium vorgibt, untergraben gerade diese Freiheit und, allzu oft, auch die eigene Kreativität. Im ewig gleichen Spiel aus Literatur lesen, Präsentationen vorbereiten und Abschlussarbeiten schreiben, hat man klare Richtlinien, die es den Lehrenden, vll auch den Student_innen , einfach machen sollen, Vergleichbarkeiten für ein faire Benotung herzustellen. So annehmlich so gut, doch gleichzeitig geht damit auch die eigene Entfaltung abhanden, die doch eigentlich das Studium von anderen Ausbildungswegen unterscheiden soll. Eigene Entfaltung, die Raum für neue Ideen schafft und nicht nur das alt bekannte wiederkaut. Neue Pfade denken lässt. Natürlich, das Verständnis von Grundelementen des eigenen Studienfachs ist wichtig und, wenn nötig, bietet sich hier die Möglichkeit, um die Vergleichbarkeit herzustellen, die in unserer Wettbewerbsgesellschaft allen Endes gefordert wird. Doch muss dies das Ganze Studium bestimmen? Ich sage klar: nein! Mehr Raum, um Raum verstehen zu können, wäre eine einschlägigere Prämisse, wie für mich Geographie sein sollte.

Als ich dann von diesem Seminar erfuhr, sah ich endlich diesen lichten Moment, der mich mehr geprägt hat und mir ein Verständnis von Studium und meinem Selbst gebracht hat, als ein großer Teil dessen, was ich davor gelernt habe. Nach vier Jahren Studium schließlich ein völlig neues Konzept zu erleben, hatte dieses, zunächst, Überfordernde, ja, das stimmt. Man wünscht sich zwar stets Neues, doch wenn es dann da ist, sind die alten Strukturen noch allgegenwärtig in einem Selbst. Das Wichtigste dabei: sich einlassen, sich der neuen Sache hingeben und so besser sich selbst und dann schließlich das Projekt verstehen.

Was für mich von Anfang an klar war, als ich verstand, das wir jegliche Mittel einsetzen können, um unser Projekt umzusetzen, war, dass ich einen Film bzw. ein Videoprojekt machen wollte. Seit meiner Kindheit mein Steckenpferd und hin und wieder während des Studiums aufblitzend, als Seminar, in meiner Bachelorarbeit, als angehender technischer Rahmen für meine Masterarbeit, ist Film etwas, dass mich stundenlang beschäftigen kann und für das ich 10mal mehr Zeit investieren kann und will, als ein reiner wissenschaftlich-schriftlicher Akt.

Natürlich, im Grunde habe ich mir damit auch sofort einen Rahmen gesetzt, also mich prinzipiell erstmal eingeschränkt und Vorgehensweisen wie schriftliche Bearbeitung, Fotografie, Performance, Collage, Projektarbeit ausgeschlossen. Aber ich hätte auch etwas davon machen können, wollte aber nicht, und sehe darin auch die Freiheit, die ich sonst während des Studiums nicht oder kaum hatte: wählen können, selbst entscheiden und meine eigene Vorgabe setzen.

Doch die Technik zu kennen, heißt noch lange nicht zu wissen, WAS eigentlich interessant oder relevant für mich sein kann, um es verfilmen zu wollen. Das war mein neues Problem: endlich selbst entscheiden zu können und sich dann nicht entscheiden zu können. Es gibt alles dort draußen, im Raum, und nicht mal dort hört es auf. Film kann so gut wie alles darstellen und was also kann ich dann machen? Will ich machen? Was interessiert mich? Welche Idee filtere ich heraus, welchen Wunsch nach Umsetzung?

Ich habe überall Inspiration gesucht, hier geschaut, dort geschaut: könnte das interessant sein? Nicht nur für mich, auch für andere? Und irgendwann kam mir eine Idee: Bilder und Töne, die augenscheinlich nicht zusammen passen! Aber was genau soll das beinhalten, was will ich zeigen? Arbeitswelten – schoss mir in den Kopf. Ich hatte das Bild von Beinen und Körpern, die aus einer S-Bahn aussteigen, im Kopf, ein Bild, dass man aus hunderten Nachrichtensendungen kennt. Damit könne man doch etwas machen. Arbeitswege zum Beispiel. Wie kommen Menschen zur Arbeit? Mit dem Zug, dem Auto, dem Fahrrad, dem Bus, zu Fuß usw. Aber nicht einfach nur dies Filmen, sondern Geräusche darunter legen, die aus Büros, Werkstätten, Laboren, Flughäfen, Krankenhäusern etc. kommen, also allen Orten, wo gearbeitet wird.

Nach einem ersten Drehversuch kam aber Ernüchterung. Nicht, weil die Bilder nicht wirkten. Trotz eines einfachen Camcorders, der meine Arbeit bis zum Schluss begleiten sollte, konnte es aus den richtigen Blickwinkeln gut aussehen. Doch schon nach den ersten Einstellungen fühlte ich eine Sackgasse: was will ich damit sagen? Kann man dabei noch mehr herauslesen, als einfach: aha, ein Fahrrad und das Geräusch von Hämmern und Sägen. Es geht also um Arbeitsräume, wahrscheinliche fährt die Person zur Arbeit. Und jetzt? Das ernüchterte mich. Eine Idee, aber keine gute, so fühlte es sich an. Und so stoppte ich hier.

Tage später fuhr ich mit dem Fahrrad durch das Ostend, zu meinem Nebenjob. Vorbei an dem Ostpark, kleinen Plätzen, dem EZB-Turm, Häusergassen, Straßenbahnhaltestellen, dem EZB-Turm, Geschäften, Boutiquen, dem EZB…und da fiel mir, ganz beiläufig auf, was ich all die Monate zuvor schon wahrnahm, aber nicht drüber nachdachte: die EZB sieht man von so gut wie jedem Punkt im Ostend und darüber hinaus. Dieser blauschimmernde, die Sonne und ihre täglichen Auf- und Untergänge reflektierende, brechende Palast, Repräsentanz einer länderdominierenden Großmacht, der Europäischen Zentralbank, war omnipräsent, stets ein Teil der urbanen frankfurter Landschaft. Und so dachte ich: warum nicht darüber etwas machen? Und so ergab sich schließlich, was ich als knapp 6 minütige Film-Collage festgehalten habe.

War es einfach Zufall, dass mir dieser Gedanke mit Omnipräsenz der EZB ausgerechnet jetzt kam? Vielleicht, wer weiß schon, wie die Dinge spielen. Aber Zufall ist jeder Moment unseres Lebens, Schicksal, um diesen hochtrabenden Begriff hier zu verwenden, ist es, wenn wir den Zufall für uns auswählen, ihn wahrnehmen, verinnerlichen und sich dann etwas für uns ändert. Ich hätte mich auch gegen die EZB als Projekt entscheiden können, aber in diesem Moment erschien es mir passend und so wurde mein Film daraus.

Das Entscheidende, was ich für mich aus meinem ganzen Prozess mitgenommen habe, ist vor allem eines gewesen: anfangen! Ich hätte nie diesen Film gemacht und dieses Thema für mich entdeckt, wenn ich nicht angefangen hätte. Zunächst mit einer anderen Idee, aber nur durch das Anfangen konnte ich merken, dass es nicht das richtige war. Es mag banal anmuten, aber wenn wir ehrlich sind, allzu oft werden viele Dinge zerdacht und sollten erstmal konkreter, sprich, physischer werden. Eine Idee ist zwar der Beginn, aber sie auf welche Weise auch immer zu starten, sich konkret und praktisch mit ihr auseinanderzusetzen bringt mich bei meiner Arbeit erst weiter. Selbst wenn man nur ein Bild malt, eine Skizze, um den Gedanken zu materialisieren, kann man schon viel für sich ausmachen und sei es schlichtweg, dass die Idee doch nicht so gut ist. Anfangen…etwas, das ich für mein Studium und alles darüber hinaus gelernt habe.


 

Reflexion Seminar & Forschungsprozess

Davor

Mir war die Raumkapsel im Vorfeld bekannt, jedoch war ich nicht in den Entstehungsprozess involviert. Als uns die Möglichkeit geboten wurde, an dem Seminar teilzunehmen, hatte ich eigentlich keine bestimmten Erwartungen an die Veranstaltung. Ich erhoffte mir dennoch, dass das „Raumlabor“ eine Abwechslung zu einem „normalen“ Seminar würde. Ich war neugierig, was mich in der Veranstaltung erwarten würde, eine Fahrt ins Blaue also.

Mittendrin

Die ersten drei Sitzungen warfen bei mir viele Fragen auf: Muss die Raumkapsel in mein Forschungsprojekt miteinbezogen werden? Soll der Fokus auf der Raumkapsel liegen? Womit könnte ich mich im Rahmen meines Forschungsprojektes überhaupt beschäftigen? Muss das Projekt einen wissenschaftlichen Anspruch haben? Was soll das Ganze überhaupt und was mache ich hier eigentlich? Die Freiheit, die uns gelassen wurde, schien uns alle etwas zu überfordern. Dieser Zustand führte bei mir zwischendurch zu Selbstzweifeln, da mir einfach keine Idee für ein Projekt einfallen wollte, welches sich auch noch ästhetisch erforschen ließ. Bei einem Fußmarsch zur Uni hatte ich dann eine Idee: der Grünstreifen vor meiner Haustüre wäre vielleicht ein interessantes Forschungsobjekt, da dieser vielfältig von unterschiedlichen Personen genutzt wird. Als wir in einer Sitzung dann unsere Ideen in einem Dialog mit den anderen besprechen sollten, gefiel mir aber die Idee, unsere unterschiedlichen Wege zur Uni fotographisch festzuhalten, besser. Ich wollte mich daher der Heimweg-Gruppe anschließen. Diese hatte inzwischen aber eine andere Idee: die Erstellung einer Karte unseres Geographiestudiums, so wie wir es erleben. Ich war begeistert: eine Reflexion des eigenen Studiums, das hatte fast schon therapeutischen Charakter.

Danach

In den nächsten Wochen entstand also eine Karte, die wir frei nach unseren Vorstellungen gestalteten. Die Freiheit, die zunächst eher als Hürde empfunden wurde, hatte uns nun zu einem konkreten Forschungsprojekt geführt, in dem wir nicht nur selbst bestimmen, sondern uns mit unseren eigenen Erfahrungen auseinandersetzen konnten. Auf der Vernissage stellte ich begeistert fest, wie unterschiedlich die Projekte geworden sind. Obwohl es keine Vorgaben gab, konnten wir ein Projekt mit sehr viel Spaß verwirklichen. Das Seminar ist ein gutes Beispiel dafür, wie Kreativität und Neugierde im Rahmen einer Uni-Veranstaltung entfaltet und gefördert und eine aktive Auseinandersetzung mit dem Studium selbst erreicht werden können. Eine Fortsetzung des Seminars ist absolut wünschenswert.


Freiheit – Fluch oder Segen?

Normalerweise läuft jedes Seminar an der Uni mehr oder weniger gleich ab. Es gibt ein weitgefasstes Thema, das in kleinere Themenfelder eingeteilt wird, dazu halten alle Seminarteilnehmer/-innen ein Referat und anschließend wird nach den Vorgaben des Lehrenden dazu eine Hausarbeit geschrieben. Alles geordnet, vorstrukturiert und immer nach demselben Schema. In diesem Alltag fühlt sich jeder Studierende geborgen und weiß genau was er zu tun hat. Unvorstellbar außerhalb dieses Rahmens zu arbeiten.
Auch wenn der Aufschrei nach mehr Kreativität, Eigenständigkeit und Freiheit immer größer wird, gibt es so gut wie keine Möglichkeit dies im Rahmen einer Veranstaltung durchzusetzen. Ich selbst bin auch eine der Studentinnen, die sich schon öfters über den immer gleichen Trott und die wenigen Alternativen beschwert hat.
Dieses Sommersemester hatten wir die Möglichkeit an einem ungewöhnlichen Seminar teilzunehmen. Der Titel „Ästhetisches Forschen – die andere Universität“ klang verlockend und auch die Beschreibung „selbstbestimmtes Lernen, Forschen und praktisches Umsetzen eigener Ideen“ war vielversprechend.
Wir durften frei und kreativ sein, forschen zu was immer wir wollten ohne aufgestülpte Vorgaben. Die einzige Bedingungen war: „Findet eine Fragestellung, die euch interessiert und auf die es erstmal keine Antwort gibt und diese Fragestellung bearbeitet ihr dann ästhetisch und praktisch. Am Ende stellt ihr euer Projekt vor dem Institut vor.“

Klingt das nicht super? Endlich durften wir frei sein! Und müssen keine Texte lesen und nichts schreiben!

Allerdings wurde uns schnell klar: Freiheit, Kreativität, selbstbestimmtes Lernen sind tolle Wörter auf dem Papier doch in der realen Studiumswelt fühlt man sich auf einmal verloren und überfordert. Das was man schon immer wollte, war gar nicht mehr so toll, als man es dann hatte. Allein die Frage „Was interessiert mich?“ sorgte für Probleme. Vorher wurde ich nie gefragt was mich interessiert, was ich gerne machen würde geschweige denn wie ich gerne arbeiten wollen würde.

Ich setzte mich Zuhause intensiv mit der Frage, was mich interessiert auseinander. Allerdings war ich nach kurzer Zeit verzweifelt. Natürlich habe ich Interessen und Dinge, die ich gerne tue, aber keins davon hatte mit der Uni zu tun. Mir war einfach nicht klar wie ich meine Interessen mit der Uni verknüpfen sollte. Also dachte ich länger über die Uni an sich nach, über meine Seminare, Dozent/-innen und Kommiliton/-innen. Und tatsächlich nach längerem überlegen und einigen Mind-Maps später fand ich ein Thema, welches mich schon seit längerem beschäftigte. Doch zu der Bearbeitung dieses Themas kam es nicht…

Nach einigen Anfangsschwierigkeit und dem Zurechtfinden in der neuen Welt der Freiheit haben wir uns zu viert zusammengefunden und beschlossen mit der vor zwei Jahren entstandenen Raumkapsel zu arbeiten. Die Grundidee war es sie zu verschönern und wohnlicher zu machen. Gleichzeitig sollten Aktionen den Bekanntheitsgrad der Raumkapsel steigern. In Form von Events hätten wir die Kapsel berühmter gemacht und verschönert. Die Idee war einfach: Wir stellen die Kapsel auf die Wiese vor das PEG und motivieren Studierende zum Mitmachen. Eine klassische Malaktion, bei der jeder ein kleines Stück der Raumkapsel nach seinen Vorstellungen verzieren darf.

Aber zu welchem Zweck? Und was würde dann dabei rausgekommen?

Also gingen wir nochmal einen Schritt zurück. Was stand denn hinter der Malaktion? Es sollte kein stupides Anmalen sein, sondern es sollte Sinn machen und eine tiefere Bedeutung haben.

Die Raumkapsel ist ein von Studierenden entworfener und angeeigneter Raum. Er gehört uns und steht für Freiheit und Selbstbestimmung. Die Raumkapsel ist also unsere kleine Mini-Uni. Mit der Idee sie anzumalen bzw. gestalten, geben wir ihr ein Stückchen unserer Persönlichkeit. Wir drücken ihr also unseren Stempel auf! Die Frage die also dahinter steht ist: Was bringe ich mit in die Uni? Dieses ‚Mitgebrachte‘ kann alles sein.
Mit der Idee die Kapsel wohnlicher zu gestalten, wollten wir sie zu unserem Zuhause machen. Wir verbringen fast täglich mehrere Stunden in der Uni, nach unserem Zuhause wahrscheinlich am meisten. Man könnte also sagen, dass die Uni unser zweites Zuhause ist. Aber sie fühlt sich nicht danach an. Zu viele Dinge fehlen und ein gemütlicher, heimischer und schöner Ort zum Entspannen, sieht auch anders aus.

All dies endete mit der Idee eines 24 Stunden Events, bei dem die Raumkapsel abends zum Wohnzimmer umfunktioniert wurde und am nächsten Tag als Kulisse für zwei Workshops (Fotowerkstatt und Zeitkapsel) diente.

Der Weg von der Idee zu dem durchgeführten Event war nicht immer ganz einfach. Die meisten Forschungsprozesse laufen linear ab nach einem gezielten Plan, doch dieser war ganz anders. Wir haben überlegt, entworfen und geplant, um dann später doch wieder umzudenken, neu zu entwerfen und zu planen. Das Hin und Her, die Ungewissheit was am Ende bei rauskommt und kreativ sein zu müssen, waren ganz neue Erfahrungen. Zwischenzeitlich war dies nervenaufreibend und frustrierend, dennoch würde ich diese Erfahrungen nicht missen wollen. Das ästhetische Arbeiten und Forschen an unserem Projekt war zum einen eine Herausforderung für meine Kreativität. Zum anderen erforderte es ein völlig anderes studentisches Arbeiten, als jenes, welches ich seit drei Jahren kenne.
Ich war sehr erstaunt darüber wie viele Leute wir gewinnen konnten bei unserer Aktion mit zu machen. Aber am meisten überrascht hat mich das Ergebnis. Es sind so viele schöne und sehr kreative Bilder entstanden, die einen großen Reflektionscharakter haben. Die Bilder laden dazu darüber zu sprechen. Sie schaffen einen neuen Kommunikationsweg und lassen einen großen Interpretationsfreiraum.

Komischerweise habe ich jetzt am Ende allerdings nicht das Gefühl, dass das Projekt abgeschlossen ist. Ich dachte immer, wenn wir die Fotos haben, haben wir auch ein Ergebnis. Aber so ist es nicht! Das Gefühl, welches ich normalerweise nach einer Hausarbeit habe, hat sich einfach nicht eingestellt. Das Gefühl etwas geschaffen zu haben und ein fertiges Produkt in der Hand zu halten, ist in diesem Fall nicht da. Die Fotos sind zwar das Ergebnis dieses Seminars, aber sie öffnen auch neue Türen für weiteres Forschen.
Ich habe dieses Semester drei Dinge gelernt:
1. Ungewissheit muss nicht schlecht sein. Sie fördert Kreativität und macht den Forschungsprozess irgendwie aufregend und spannend.
2. Bei einer Forschung muss nicht unbedingt etwas Perfektes entstehen. Manchmal sagen einfache Fotos mehr, als eine 50.000 Zeichen lange Hausarbeit.
3. Freiheit zu wollen und sie zu haben, sind zwei unterschiedliche Dinge. Die Freiheit, die wir während des Forschungsprozess hatten, war zuerst unangenehm. Wie oft habe ich mir zwischendurch gewünscht: „Kann mir nicht irgendjemand Vorgaben machen und mir sagen was ich zu tun habe?“ Letztendlich bin ich froh, dass es nicht so war. Man muss auch lernen mit Freiheit umzugehen, dennoch ist es am Ende schön zu sehen, was man ganz alleine geschafft hat!


 Reflexion der Veranstaltung „Die andere Uni – Ästhetisches Forschen“

Im vergangenen Semester beschäftige ich mich im Rahmen der Lehrveranstaltung „Die andere Uni – Ästhetisches Forschen“ mit der Frage nach der Freiheit im Studium. „Freiheit“, welch ein schöner Begriff. Impliziert er doch die Möglichkeit, ohne Zwang zwischen allen Möglichkeiten auswählen und entscheiden zu können. „Möglichkeit“, noch so ein schöner Begriff, die Realisierbarkeit eines Vorganges oder Zustandes. Ästhetisches Realisieren. Im Kunstunterricht zu Schulzeiten habe ich es immer mit ‚Ach und Krach‘ noch auf eine 4 geschafft. Wenn es um Ästhetik geht bin ich also unter Umständen nicht so gut zu gebrauchen. Aber Hey, Freiheit! Freiheit ist etwas worüber mich viele meiner Familienmitglieder beneiden. Ich komme ursprünglich aus den neuen Bundesländern. Freiheit hatte hier natürlich – politisch bedingt – eine ganz eigene Bedeutung. Aufgeladen mit vielen Emotionen wird der Begriff heutzutage oft verwendet um jene Möglichkeiten die nun allen offen stehen hervorzuheben.

Was macht man nun aber mit Freiheit? Eigentlich müsste es doch so einfach sein. Irgendwas machen. So einfach wie es klingt, ist es dann leider doch nicht. Die Möglichkeiten sich zu entscheiden engen ein. Dies liegt nicht zuletzt auch an der Menge von Möglichkeiten aus denen man wählen kann. Auf der Suche nach einem Projekt tat ich mich mit anderen Student_innen zusammen. Ziel war es die Raumkapsel in der Goethe-Universität bekannter zu machen, als auch mit unserem Projekt „Raumkapsel“ auf aktuelle Debatten im universitären Kontext aufmerksam zu machen. Nachdem wir uns als Gruppe Anfang Juni zusammengetan hatten, versuchten wir uns auf eine gemeinsame Linie zu einigen. Zu Beginn des Seminars strebte ich mit der mir gegebenen Freiheit eine Fotodokumentation des studentischen Lebens an. Anfang Juni wollte ich deshalb die Fotodokumentation nicht aufgeben, sie sollte vielmehr als ein Bestandteil des Projektes „Raumkapsel“ integriert werden. Aus unzähligen Diskussionen und Gruppenarbeiten sind einige Teilprojekte sowie eine Vernissage entstanden, welche der Präsentation sämtlicher Projekte anderer Gruppenarbeiten diente. Vor allem bei der Vernissage zeigte sich auf eindrucksvolle Art und Weise wie unterschiedlich die Gruppen oder auch Einzelpersonen an die Thematik des ästhetischen Forschens herangegangen waren. Eine Gruppe erstellte ein Poster aus, welches das Geographiestudium mit seinen Höhen und Tiefen eindrucksvoll auf einer selbst erstellten Landkarte wiederspiegelt. Eine andere Gruppe drehte ein Video über Freiraumbesetzung in Hannover. Eine Dokumentation über die Auseinandersetzung mit dem Sinn des Lebens und ein weiteres Video rundeten die Präsentationen ab. Leider verloren wir bei dem Entstehungsprozess der Gruppenarbeit „Raumkapsel“ ein Gruppenmitglied. Vielleicht gehörte dies auch zu dem Prozess den wir als Gruppe durchschreiten mussten um eine gelungenen Abschluss zu finden, schade ist es trotzdem allemal. Denn das habe ich in den vergangenen Monaten gelernt. „Freiheit“ bedeutet auch in einer Gruppenarbeit anderen Menschen genügend Vertrauen entgegen zu bringen und sich auf sie zu verlassen. Ich möchte mich am Ende der Veranstaltung (des Blogeintrages) bei meinen Gruppenmitgliedern für die tolle Kooperation, der Seminarleitung für die Beratung und Koordination sowie allen Seminarteilnehmern für die gute Stimmung im Seminar bedanken.


 Forschungsprozess = Persönlicher Prozess

Ich denke, dass alle Gruppen auf ihre eigene Art und Weise eine wirklich interessante und „freie“ Forschung betrieben haben. In der ersten Sitzung hätte das bestimmt noch keiner von uns in dieser Form erwartet. Unglaublich, wie wenig ich persönlich am Anfang damit anfangen konnte als die Worte fielen: „forscht wie und über was ihr wollt“….. Für mich persönlich stand die Kapsel absolut im Vordergrund, ich habe wirklich lange gedacht das die Forschung entweder über oder mit der Kapsel betrieben werden muss. Falsch gedacht!!! Im Endeffekt konnte und durfte sie auch einfach als begleitendes Element bei der abschließenden Präsentation unserer Forschung dienen.

Aber vermutlich ging es ja auch genau darum. Nicht nur zu sehen was wir am Ende präsentieren, sondern wie wir grundsätzlich mit der Situation umgegangen sind. Wie lange wir gebraucht haben um erste Ideen vorzutragen, um uns in Gruppen zusammenzufinden und um dann wiederum unsere Gedanken in konkrete Aktionen umzuwandeln. Ich weiß nicht ob man davon sprechen kann, aber irgendwie war es schon auch eine Art Verhaltensforschung 😉

Ich freue mich am Seminar teilgenommen zu haben, ich finde so eine Form der „anderen Uni“ fördert die Kreativität und die Sichtweise auf Dinge. Dinge in Form von Orten, Gegenständen oder auch Begriffen. In diesem Fall wurde man total damit konfrontiert den Begriff Freiheit von allen Seiten, von oben bis unten, von hinten bis vorne zu beleuchten. Und absolut spannend ist es wie sehr sich diese persönliche Auseinandersetzung damit dann am Ende in den verschiedenen Präsentationen gezeigt hat. Mal etwas an die Kapsel angelehnt wie bei uns, der 24h Stunden Gruppe ( exklusive Fotowerkstatt ). Mal urgeographisch wie die Kartengruppe. Und dann auch wirklich unabhängig von Kapsel, Uni oder auch Studiengang.

Die Kapsel an sich ist für mich mittlerweile das Symbol für Kreativität und nicht mehr nur ein Objekt mit dem man unbedingt triste Orte aufpeppen möchte. Wenn ich mir die Frage stelle ob ich Stand jetzt nochmal etwas anders gemacht hätte dann sage ich aber trotzdem nein! Denn dann könnte ich jetzt nicht sagen wie spannend ich die Entwicklung über das ganze Semester sehe, besonders meine persönliche. Mein Aha Effekt am Ende ist doch auch was wert 😉


 

Reflexion zum Seminar: Labor für Raumstrategien

Ästhetisches Forschen: das etwas andere Seminar

Bereits in der Vorbereitungssitzung im Februar konnten die anderen Teilnehmer des Seminars und ich erahnen, dass diese Veranstaltung nicht wie gewohnt ablaufen würde. Nicht ein bestimmtes geographisches Thema – beruhend auf dutzenden von Texten – stand im Mittelpunkt. Vielmehr ging es darum, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, eine eigene Idee zu entwickeln und selbstständig und ästhetisch zu forschen. Und natürlich ging es auch um die Raumkapsel. In der ersten Sitzung erhielten wir die Aufgabe einen sechseckigen Grundriss (wie ihn auch die Raumkapsel hat) aus Papier zu zerteilen und daraus neue Formen zu erschaffen. Ich war ziemlich überrascht wie viele verschiedene Möglichkeiten sich daraus ergeben können und in der Gruppe vorgestellt wurden. Die zweite Aufgabe in dieser Sitzung bestand darin, das eigene Studium zu reflektieren (Wo stehe ich gerade, wieso entschied ich mich für dieses Studium und was möchte ich noch erreichen?). Fragen, die sich nicht so leicht beantworten lassen und mich während des ganzen Forschungsprozesses noch weiter beschäftigen sollten.

Freies Forschen – Lust und Laster

In den folgenden Sitzungen ging es für die Teilnehmer darum, ein Forschungsthema bzw. eine Fragestellung herauszuarbeiten. Wir erhielten dazu keinerlei Vorgaben und konnten uns frei nach unseren Interessen richten. Am Ende sollte aber ein ästhetisches Werk stehen, dass die Forschungsarbeit repräsentiert. Doch gerade diese selten erlebte Freiheit entwickelte sich für Einige und auch für mich zu einem Problem. Als Student ist man es gewohnt, zumindest einen groben Rahmen zur eigenen Forschungsarbeit zu erhalten und diese dann mit vorgegebenen Methoden zu erstellen. So ertappte ich mich dabei, alte Hausarbeiten durchzugehen und stellte mich wie so oft darauf ein, Literatur zu recherchieren und einen Text zu verfassen. Die Chance, etwas anderes zu erschaffen, war ungewohnt und erforderte deshalb zunächst ein Umdenken. Schließlich kam ich zusammen mit den Ideen anderer Teilnehmer und über die Vorstellung, dass ich meine Forschungsergebnisse gerne in einer Landkarte präsentieren möchte, doch zu einem Forschungsthema. Gemeinsam mit Karoline und Christina wollte ich die Erlebniswelt des Geographie-Studiums mit all seinen Facetten vom ersten Studientag bis hin zum Abschluss aufzeigen.

Erlebniswelt Geographie-Studium

Wir begannen damit, alles zu notieren, was uns während des Studiums beschäftigt hat. Ich stellte mir die Fragen, was ich bisher inhaltlich mitgenommen habe, wie sich die Organisation des Studienalltags darstellt und was mich rund um das Studium bewegt hat. Bei diesem Prozess kam mir wieder die Aufgabe zu Beginn der Veranstaltung in den Sinn und ich konnte mich nun intensiver damit auseinandersetzen. Alles in allem würde ich sagen, dass mich das Forschen auf jeden Fall weitergebracht hat und dazu beigetragen hat, mein bisheriges Studium zu reflektieren. Insbesondere, dass wir unsere Erkenntnisse für alle sichtbar festhalten konnten und die Landkarte von den anderen Teilnehmern so positiv aufgenommen wurde, dass sie sich sogar selbst darin wiederfinden konnten, hat mich gefreut. Außerdem hat mir die Erstellung der Karte – trotz einiger Kämpfe mit dem Graphikbearbeitungsprogramm – Spaß bereitet.


 Von großer Verwirrung zur Karte – Zusammenfassender „Tagebucheintrag“

09.02.2015: Vorbesprechung zum Seminar:

„Es geht um ästhetisches Forschen“, „wir sollen uns selbst einem Projekt widmen, für das im Studium sonst keinen Platz hat und das uns Spaß macht“, „eine andere Universität soll irgendwie hergestellt/ gelebt werden“….Normalerweise bekommt man einen Syllabus und einen Leseauftrag in der Auftaktsitzung. “Also was für ein Hippieseminar“, aber auch „cool, endlich kann ich mal mein eigenes Ding machen“, dachte ich. Trotzdem kamen Zweifel. Ohne die heiß geliebten Theoriekapitel läuft doch nichts hier. Bestimmt müssen wir am Ende doch einen Bericht oder was auch immer abgeben. Mal sehen….

16.07.2015: Rückblick

Fünf Monate nach diesem ersten Zusammentreffen der Gruppe kann ich sagen, dass mir das Seminar großen Spaß gemacht hat. Ich konnte eine Karte erstellen, was mir allgemein schon Spaß macht und ganz nebenbei konnte ich sogar einiges über mich selbst und meinen Studiengang lernen. Wie habe ich eigentlich die Uni die ganze Zeit wahrgenommen und wie habe ich den Stress zum Semesterende hin immer weggesteckt? Ich habe reflektiert, was ich aus den letzten 4 Jahren an Schlagworten zum Studieninhalt mitgenommen habe und wie ich die Umwelt außerhalb der Uni und um mich herum wahrgenommen habe. Lustig war, dass Andi und Ina in den meisten Fällen ganz ähnliche Erfahrungen gemacht hatten. Wo es unterschiedliche Erlebnisse gab, kamen zum Teil sehr interessante Geschichten zu Tage. Besonders die Rückmeldung meiner KommilitonInnen nach der Vernissage, dass die Karte ja irgendwie jedem/r Geographie Studenten/Studentin ein Stück weit aus der Seele spreche, hat mich gefreut. Welcher Bericht oder welche Hausarbeit berührt schon eine persönliche Ebene beim Leser? Nicht so richtig viele würde ich mal vermuten. Es war mir die ganze Zeit über wichtiger als ich selbst dachte, dass meine Arbeiten auf positives und ehrliches Feedback stoßen. Eine bloße Note (die oft nichtmal meine Erwartungen erfüllt) kann doch nicht alles im Studium sein, worauf man hinarbeitet.

Vor allem gefallen am Seminar hat mir die gemeinsame Ausstellung der Ergebnisse, bei der ich überrascht war, wie ähnlich und unterschiedlich zugleich doch Forschung sein kann, wenn man nicht in das „Einleitung, Theorie, Fragestellung, Methode, Ergebnisse-Drahtgestell“ gezwängt wird. Am Anfang des Seminars war ich skeptisch, ob wir (Studenten) mit der Freiheit tatsächlich umgehen können. Zwischenzeitlich war es auch wirklich schwer. Ich brauche zwar keine Dozenten, die mir Zeitdruck machen, das mache ich selbst ja schon zur Genüge, aber es gab Momente, da wusste ich nicht was ich machen soll, ohne jemanden der mir sagt, ich soll doch nochmal in das Buch XY von Prof. Dr. BlaBla schauen und meine Fragestellung umstellen, etc.. Im Nachhinein bin ich aber froh über die Freiheit, die wir bekommen haben, denn sonst wäre das Projektergebnis sicher ein anderes als es jetzt ist und das wäre sehr schade, da ich auch persönlich so mehr von der Projektarbeit mitnehmen konnte.


Eine wirklich andere Uni…

Zugegebenermaßen war ich zunächst vollkommen überfordert von diesem Seminar, das eigentlich kein Seminar war… im typischen Sinne. Zwar gab es einen Titel („Die andere Uni – ästhetisches Forschen“) und ein Thema („Freiheit“), doch diese Freiheit verursachte bei mir erst mal Verwirrung. Wie entscheidet man sich für ein Forschungsprojekt, wenn man wirklich alles machen darf? Das Projekt konnte geographisch sein, musste es aber nicht unbedingt. Es konnte die Raumkapsel, unseren Ausgangspunkt, mit einbeziehen, konnte aber auch in eine ganz andere Richtung gehen. Es durfte etwas sein, was die Uni im engeren Sinne hinterfragt, konnte aber auch viel weiter reichen.

So verbrachten wir auch die ersten Sitzungen zunächst damit uns verschiedene Projekte und Themen anzuschauen und über diese Freiheit nachzudenken, sehr viel ratlos nachzudenken. Aber irgendwann hat es dann auch mich mitgerissen und ich habe einfach mal drauf los gesponnen. Und schließlich entschied ich mich dafür ein Thema zu untersuchen, welches mich sehr interessierte und mir im wahrsten Sinne sinnvoll erschien. Ich fragte Studenten*innen danach, was für sie im Leben Sinn macht und hinterfragte damit nicht nur den Uni Alltag, sondern gleich das Leben von Studenten an sich. Denn was für einen Sinn macht das Studium, wenn man dabei den Sinn oder auch das Ziel seines eigenen Lebens vergisst?

Als ich das Thema das erste Mal im Seminar präsentierte war ich noch sehr unsicher, denn immerhin handelte es sich viel eher um ein philosophisches oder ethnologisches Thema, welches auch nach angestrengtem Nachdenken nicht allzu viel mit Geographie zu tun hatte. Doch die Unterstützung, die ich erhielt war sehr ermutigend und nach und nach entwickelte sich daraus ein Projekt, welches ich nach meinen eigenen Wünschen gestalten konnte und, in das ich viel Kreativität investieren durfte.

Die Wochen der Projektdurchführung verliefen dann etwas turbulent. Alle Gruppen realisierten plötzlich, dass die Themenfindung extrem viel Zeit vereinnahmt hatte und wir schon in einigen Wochen eine Vernissage auf die Beine stellen sollten. Auch in dieser Phase war die Unterstützung, die wir von unseren beiden Dozenten erhielten, extrem hilfreich. Sie gaben konstruktives Feedback, ohne dabei unsere Projekte zu lenken oder uns etwas (grundlos) zu verbieten, sodass schließlich trotz der Kürze des Semesters fünf spannende und sehr unterschiedliche Projekte entstanden. Die Vernissage war der krönende Abschluss des Seminars, bei der wir alle unsere Projekte präsentieren konnten.

Abschließend möchte ich noch hinzufügen, dass ich dieses Seminar für sehr wertvoll halte: Indem wir ermutigt wurden, alles auf den Kopf zu stellen und sozusagen quer zu denken, haben wir die gewohnten Uni Abläufe durchbrochen und unsere eigene Kreativität gestärkt. Ich habe dadurch nicht nur neue Perspektiven auf Gewohntes gewonnen, sondern vor allem mal wieder gespürt, was es bedeutet kreativ zu arbeiten. Und es hat sehr viel Spaß gemacht!